Samstag, April 23, 2016

Erotik unter Verschluss

Der Dokumentarfilm von Peter Woditsch kam kürzlich auf 3Sat.  Siehe auch den Eintrag in der IMDB. Im Film wird der Umgang mit erotischer Literatur über die letzten Jahrzehnte und weiter zurück in der Geschichte untersucht. Museen tun sich teilweise immer noch schwer mit der Darstellung von Erotik. Manchmal wird diese im Depot versteckt, manchmal so geschickt aufgestellt, dass das "Unanständige" nicht weiter auffällt. Andere Ausstellungen werden von vorneherein zensiert, oder nach Protesten von Besuchern werden Bilder wieder abgehängt und aus der Ausstellung genommen. Selten sind immer noch die Fälle, in denen Bilder gänzlich unbefangen gezeigt werden, wie z.B.- "Der Ursprung der Welt" im Mussee d'Orsay.
Im Film werden Sammler erotischer Literatur besucht und ausführlich interviewt. Inwzischen gibt es einen großen Teil der im Film erwähnten Literatur auch frei zu kaufen. Beispiele waren:
  • De Sade "Die 120 Tage von Sodom" 
  • Apollinaire  "Die 11000 Ruten"
  • Verlaine "Frauen"
  • Pauline Reage "Die Geschichte der O"
  • Voltaire  "La Pucelle" die Jungfrau von Orleans
  • Pierre Louys "Drei Töchter ihrer Mutter"
  • Aragon "Irene"
  • Hanz Bellmer "Puppen" und andere Buchillustrationen
Außerdem wurde eine Ausgabe von Heinrich von Kleists "Marionetten" mit erotischen Illustrationen gezeigt.
Interessant ist auch der Umgang der Bilbiotheken mit ihren Beständen an erotischer Literatur:
Die Pariser Nationalbibliothek verbannt diese Bestände in "L'Enfer" - Die Hölle. Ganz unten in der Bibliothek kann Einblick in diese Bestände nehmen, wer "einen guten Grund vorweisen kann". "Ich will es mir mal anschauen" reicht da nicht aus, wie die Verwalterin der Bestände erklärt.
Das British Museum hatte einen "Secretum" genannten Bestand. Angeblich wurde dieser vor einigen Jahren aufgelöst. Eine Recherche vor Ort führte zu dem Ergebnis, das der Schrank mit den Beständen noch existiert. Man hätte jeodch leider den Schlüssel verlegt und könne diesen nicht öffnen.
Ein Besuch in der Bayerischen Nationalbibliothek zeigt einen Bestand, der nicht inventarisiert wurde, aber zumindest eingesehen werden kann.
Ein Interviewpartner im Film weist auch darauf hin, dass es angesichts der frei verfügbaren Flut an Pornographie im Internet, kaum noch sinnvoll sei, die Bestände erotischer Literatur in den Bibliotheken zu verstecken.

Die größten Bestände, so wird in dem Dokumentarfilm vermutet, muss wohl der Vatikan haben. Schließlich wurden hier über Jahrhunderte hinweg Werke geprüft und anschliessend auf den Index gesetzt ("Index Librorum Prohibitorum"). Irgendwo müssen diese abgelegt worden sein. Interviews oder Filmaufnahmen dazu gibt es leider nicht. Der Dokumentarfilm greift hier auf Aussagen von Augenzeugen zurück. Einer dieser Berichte war sehr amüsant: Der Augenzeuge berichtet, wie er bei einem Besuch im Vatikan in einem Raum mit großen Schränken war. In den Schubkästen dieser Schränke lagerten Hunderte oder Tausende von steinernen Penissen. Diese wurden den Statuen im Vatikan vermutlich von einem offiziell beuftragten Mitarbeiter abgeschlagen, fein säuberlich inventarisiert und abgelegt.

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